Trinkgelder an die Arbeitnehmer — meistens steuerfrei
Bei Trinkgeldern für Arbeitnehmer sieht die steuerliche Beurteilung etwas anders aus. Das Trinkgeld ist nach § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei, wenn es
- dem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung,
- von einem Dritten (nicht vom Arbeitgeber),
- freiwillig und ohne, dass ein Rechtsanspruch darauf besteht,
- zusätzlich zu dem Betrag gegeben wird, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist.
Auf die Höhe kommt es nicht an. Die Steuerbefreiung gilt allgemein, es gibt keine Höchstbeträge. Infolgedessen ergeben sich auch keine Sozialabgaben (§ 1 Abs. 1 SvEV). Das Trinkgeld soll dabei die persönliche Beziehung zwischen dem Trinkgeldgeber und dem Arbeitnehmer honorieren.
In diesen Fällen ist das Trinkgeld steuerpflichtig
Handelt es sich dagegen um Trinkgelder oder Bedienungszuschläge, auf die der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat, handelt es sich um Arbeitslohn (R 19.3 Abs. 1 Nr. 5 LStR). Es werden Steuern und Sozialabgaben fällig. Deshalb sind beispielsweise steuerpflichtig:
- Metergelder im Möbeltransportgewerbe (BFH, Urteil vom 09.03.1965, Az. VI 109/62)
- Freiwillige Sonderzahlungen an Arbeitnehmer eines konzernverbundenen Unternehmens (BFH, Urteil vom 03.05.2007, Az. VI R 37/05, Abruf-Nr. 072025)
- Feste Bedienungszuschläge im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe
- Von Gästen zugewendetes Spielgeld an Stripteasetänzer (FG Hamburg, Urteil vom 20.04.2010, Az. 3 K 58/09)
- Aus dem Spielbank-Tronc einer Spielbank finanzierte Zahlungen an die Croupiers (BFH, Urteil vom 18.12.2008, Az. VI R 49/06, Abruf-Nr. 090315 und Urteil vom 258.11.2009, Az. VI B 97/09).
Das sagen Finanzverwaltung und Rechtsprechung
In der Praxis stellt sich daher die Frage, ob die Steuerbefreiung für Trinkgelder auch bei Kartenzahlungen anzuwenden ist. Die Antwort lautet: “Ja”. Wird das Trinkgeld vom Kunden wie bisher freiwillig und ohne Rechtspflicht gezahlt, kommt es nicht darauf an, ob es bar oder unbar (Kartenzahlung) entrichtet wird. Denn die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 51 EStG entfällt nicht allein dadurch, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung des Trinkgelds eingeschaltet ist (BFH, Urteil vom 18.06.2015, Az. VI R 37/14, Abruf-Nr. 179708).
So handhaben Sie EC-Karten-Trinkgeld in der Praxis
Damit auch per EC-Karte gezahlte Trinkgelder in Betriebsprüfungen unbeanstandet bleiben, empfiehlt SSP wie folgt vorzugehen:
- Nehmen Sie für das Trinkgeld eine zusätzliche Rechnungsposition auf (mit null Prozent Umsatzsteuer).
- Rechnet der Arbeitnehmer die Kasse oder sein Kellnerportemonnaie ab, entnimmt er aus dem Bargeldbestand sowohl das bare als auch das unbare Trinkgeld. Die Summe des unbaren Trinkgelds kann er (aufgrund der eingefügten Rechnungsposition) dem Z‑Bon entnehmen.
- Für das unbare Trinkgeld fertigt er einen Beleg, den der Arbeitgeber bei der Kassenabrechnung zur Feststellung der Tageseinnahmen berücksichtigt.
Wichtig: Dieses Procedere ist deshalb vonnöten, weil bei Trinkgeldern, die freiwillig übers EC-Gerät gezahlt werden, Vereinnahmung (Zahlung des Kunden) und Verausgabung (Auskehrung an den Arbeitnehmer) nachprüfbar dokumentiert und aufgezeichnet werden müssen. Bare und unbare Geldbestände dürfen nicht vermischt werden, weil daraus falsche Kassenbestände resultieren würden (daher Fertigung eines Belegs durch den Arbeitnehmer bei barer Entnahme des unbaren Trinkgelds). Die beim Arbeitgeber verbleibende Summe der baren und unbaren Einnahmen muss danach im Saldo den gesamten Rechnungspositionen des Mitarbeiters abzüglich des Trinkgelds entsprechen. Differenzen dürfen nicht auftreten, da lediglich das überschüssige Trinkgeld entnommen wurde.
“Quelle: WISO SSP 03/2022”